Feste im Jahreslauf

Das Atmen der Erde drückt sich in unseren Breitengraden in den Jahreszeiten aus, in die sich auch der Reigen der christlichen Feste fügt. Und so erfahren die Kinder im Miterleben der Jahreszeiten und dem Feiern der christlichen Jahresfeste eine rhythmische Gliederung; das Alltägliche, Sicherheitverleihende wird unterbrochen von den freudigen Ausnahmen des Feierns. Der christliche Hintergrund ist so verstanden, dass er in keiner Weise konfessionell gebunden ist und offen für Menschen aller Glaubensrichtungen, mit denen wir gerne in Austausch kommen.

Karneval Dreikönigszeit Pfingstfest Himmelfahrt Ostern Johanni Michaeli Martinsfest Adventsfest Weihnachten

Ostern

Die Feste Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten bilden eine Dreiheit. Das wechselnde Datum des Ostersonntags ist bestimmt vom Frühlingsvollmond eines jeden Jahres. Alle drei Feste finden in der Zeit statt, in der die Erde ausatmet und in der wir seelisch sehr nach außen gehen. So sind auch die Bilder, die bei den Festen zum Erleben kommen, ganz davon geprägt.

Das Erscheinen des Christus in seinen Verwandlungen vom Menschen Jesu über den Auferstehungsleib und zur Erscheinung bei Himmelfahrt führt uns zu einem tieferen Verständnis Seines Da-Seins und Wirkens in der Welt für den Menschen. Die Sonne ist ein Symbol für den Christus. Mit Ostern „siegt“ die Sonne über den Frühlingsvollmond und deutet auf die Überwindung des Todes durch Christus‘ Auferstehung. Wie so häufig werden Bilder aus vorchristlicher Zeit verwendet. So sind die Ostereier Symbole der Fruchtbarkeit und der kosmischen Einheit. Die ausgeblasenen Eier werden von den Kindern selbstbemalt und nach und nach an einen großen Strauß aus Zweigen gehängt – bis es vierzig an der Zahl sind und damit die Tage bis Himmelfahrt gezählt sind. Ein goldenes Ei erscheint nun.

Himmelfahrt

An Himmelfahrt wird der Blick in den Himmel zu den Wolken gelenkt; dies ist die Sphäre, in die Christus aufgefahren ist – „eine Wolke nahm Ihn vor ihren Augen fort“.
Schöne Sinnbilder der Kinder können die aufrechte Pusteblume sein, die ihre Samen aus der zarten Kugel in die Welt segelnd verstreut, um sich zu vermehren, oder auch die Seifenblasen, welche mit ihrem überirdischen Farbenglanz, so vielgestaltig und „unfassbar“ erscheinen.

Pfingstfest

Weitere 10 Tage später wird das Pfingstfest gefeiert. „Fünfzig Tage nach dem Osterfeste waren die Jünger versammelt. In dem Zusammenklang ihrer Gedanken, dem Zusammenströmen ihrer Empfindungen und in den gemeinsam gepflegten religiösen Übungen ereignete sich die Begegnung mit dem Heiligen Geist“. Es ist eine Gemeinschaft, die sich durch ein gemeinsames Erkenntnisbemühen – nicht durch Sympathie – zusammenfindet, welche die Herabkunft des Heiligen Geistes erfahren darf. „… und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.“

In der Feier werden – als Bild für die Verbundenheit der Gemeinschaft – auf einem runden Tisch so viele weiße Kerzen aufgestellt als Menschen zur Gruppe gehören; sie werden an einer mittigen Kerze entzündet, während man einen lieben Gedanken an einen Menschen schicken kann. Wenn alle Kerzen brennen, hören die Kinder ein passendes Märchen.

Immer wieder taucht die Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes auf; wie bei Noah die Taube den Olivenzweig bringt als Zeichen des Friedens und des Beginns einer neuen Ära, ist sie an Pfingsten auch ein Zeichen für die Verbindung von Himmel und Erde. In der Zeit auf Pfingsten zu werden viele weiße Täubchen aus Wolle gebastelt, die an einem grünen Zweiglein „fliegend“ von den Kindern mit nach Hause genommen werden dürfen.

Johanni

Johanni Stimmung

Der Welten Schönheitsglanz,
Er zwinget mich aus Seelentiefen
Des Eigenlebens Götterkräfte
Zum Weltenfluge zu entbinden;
Mich selber zu verlassen,
Vertrauend nur mich suchend
In Weltenlicht und Weltenwärme.

– R. Steiner –

Dieses Fest ist entstanden aus der früheren germanischen Sommersonnwendfeier, an welcher der Sonnenhöchststand gefeiert wurde. Blüten, Bienen, Käfer und Schmetterlinge gibt es jetzt in Hülle und Fülle! Jetzt ist die elementarische Welt, die das Pflanzenwachstum trägt, am weitesten ausgebildet. Was in den physiologischen Prozessen der Pflanzen an Bildekräften wirkt, wurde von unseren Ahnen in Form von Naturgeistern (Undinen, Gnome u.a.) bildhaft wahrgenommen. Kleine Kinder und besonders begabte Menschen nehmen diesen geistigen Teil der Natur auf diese Weise wahr.

Dieser Tag wurde gerne mit einem lodernden Feuer begangen, denn das Mitgehen des seelischen Erlebnisses mit der Natur ist auf einem Höhepunkt. Das Johannifest wird kurz nach der Sommersonnenwende am 24. Juni – der Geburtstag des heiligen Johannes – gefeiert. Ein wesentliches Motiv seiner Predigten lautet: „Ändert Euren Sinn, bereitet dem Herrn den Weg!“ Er ist der Rufer, der zur Wendung aufruft. Das äußere, natürliche Wachstum nimmt nach der Sonnenwende wieder ab; diesem Bogen des natürlichen Niedergangs soll der Mensch aber nicht folgen; in seinem Inneren soll er den Christus wachsen lassen, so mahnt Johannes.

Mit den Kindern wird der sommerliche Höhepunkt zum Erlebnis gebracht mit den Schönheiten der Natur, die vor allem in den Liedern besungen werden; von der „Vogelhochzeit“, dem „Muttergottesgläschen“ und den „Sonnenkäfern“ erzählen sie. Am Festtag werden Blumenkränze gebunden und über einem Feuer Stockbrot gebacken. Auf den Tischen steht – neben unserem selbstgebackenen Sonnwendbrot und leuchtend roten Beeren – der Honig, von dem sich auch Johannes in der Wüste ernährte. Im Garten wird gesungen, getanzt und gespielt.

Michaelifest

Seit dem 9. Jahrhundert wird am 29. September in christlichen Gegenden der Michaelstag gefeiert, gefolgt von einer vierwöchigen Festezeit. Michaeli ist ein Fest, welches bildhaft für Geisteswachheit und Mut steht. Im Herbst zeigt uns die Natur ihren Niedergang durch das Verwelkende; genau hingeschaut sind aber unter dem Absterbenden auch schon die Knospen für einen Wiederbeginn zu entdecken.

Zum Herbstbeginn, nach der Tag- und Nachtgleiche, feiern wir das Michaelifest mit den Kindern, um ihnen Jahr für Jahr starke aufbauende Bilder mitzugeben für die Herausforderungen der heutigen Zeit, die insgesamt ganz im Zeichen des michaelischen Geisteskampfes steht, den wir Erwachsene alle zutiefst erleben. In der Offenbarung des Johannes wird der Streit im Himmel beschrieben, bei dem Sankt Michael mit seinen Heerscharen „… den Drachen, die alte Schlange, die da heißt Teufel und Satan, der die Welt verführt …“ aus dem Himmel in die Tiefe stürzt. Fortan findet das Wirken der Widersachermächte auf der Erde unter uns Menschen statt, und der Mensch muss nun diesen Kampf im Inneren ausfechten.

Das Bild von Erzengel Michael, der den Drachen besiegt, ist in vielfältiger Weise in der Malerei dargestellt. Der Kampf steht für die Kraft und den Seelenmut, der aufgebracht werden muss, um niederziehende Kräfte wie Feigheit, Egoismus und Unwahrhaftigkeit in ihre Schranken zu weisen. Es zeigt, wie Michael den Drachen „unter seinen Fuß gesetzt“, aber ihn nicht tötet. Der Sieg ist kein endgültiger, sondern ist ein ständiges Ringen um einen bewussten Umgang mit den Verführungen der Zeit.

Auch das Schwert ist oft in Bildern zu sehen, denn im Moment der Tat braucht es des Schwertes Scheidekraft, mit der geistesgegenwärtig das Richtige vom Falschen unterschieden werden muss.

Für die Erwachsenen sind dies Bilder, die aufrufen die niederziehenden Kräfte zu erkennen und in ihre Schranken zu verweisen, sich innerlich zu ordnen, zu klären, die eigenen Ängste und die innere Bequemlichkeit zu bekämpfen und sich etwas zuzumuten.

Die Kinder singen Lieder von Mut und Stärke und sehen das Puppenspiel vom Stierlein, das die Prinzessin mit Mut, Kraft und Entschiedenheit erlöst. Auch der Schmied, der rotglühendes Eisen (im Blut ist Eisen ein wichtiger Träger von Wachheit und Kraft) mit entschiedenen Schlägen zu Schwertern formt, ist ein beliebtes Bild in Liedern und die Kinder bauen sich selber gerne Schwerter in verschiedenen Varianten.

Martinsfest

„Werden die Tage kurz, werden die Herzen hell …“ heißt ein Spruch, der das Schwinden des äußeren Lichts in eine Beziehung setzt zu dem seelischen Prozess, der sich nun entwickelt. Die längere Dunkelheit fordert uns auf wieder mehr im Inneren das Licht zu suchen. Den schönen Brauch des Laternenfests am Martinstag pflegen wir gerne, indem die Kinder ihr selbstgebasteltes kleines Laternenlicht singend durch das erste Dunkel tragen. In der Martinslegende treten die Motive des Mitgefühls, der Nächstenliebe und des Teilens auf, die wir auch in dem Puppenspiel „Laternenmädchen“ zur Darstellung bringen, was den Kindern an diesem Tag vom Puppenspielkreis geboten wird.

Adventszeit

Die Kerzen, von denen die erste schon in der Martinslaterne entzündet wurde, spielen eine immer größere Rolle in der Adventzeit bis hin zu Weihnachten. Den Beginn der Adventszeit feiern wir mit dem Begehen des Adventsgärtleins.

In unserem Saal wird eine Spirale aus Tannengrün, Moos, Edelsteinen, Rosen und Christrosen gelegt. Darin verteilt steht für jedes Kind ein Apfel, in dem eine Kerze steckt. Die Kinder ziehen gemeinsam mit den ErzieherInnen singend in den Raum ein. Eine Kerze in der Mitte des Raumes spendet etwas Licht. Während Adventslieder gesungen werden und Musik erklingt, geht jedes Kind – je nach Alter – alleine in die Spirale hinein, nimmt sich eine Apfelkerze, zündet sie an der großen Kerze in der Mitte an und geht seinen Weg – in dieser musikalischen Stille – wieder hinaus; zuvor stellt es die Kerze wieder auf ihren Platz zurück. Mit jedem entzündeten Licht erhellt und erwärmt sich nach und nach der Raum. Das Begehen der Spirale ist uns ein Wahrbild für das Suchen des Lichtes auf dem Lebensweg, das Finden des Lichtes im eigenen Innern und endlich auch das Abgeben des Lichtes, wenn es den ganzen Raum für alle erhellt.
Dies ist im Kindergarten der Beginn der Adventszeit, die wir versuchen, mit viel Ruhe und Besinnlichkeit zu gestalten. Das ist heute umso wichtiger, weil heute das Getriebe der Geschenkeindustrie den Charakter einer Vorbereitung auf Weihnachten verlieren lässt.

Im Gruppenraum sehen die Kinder auf einem Tisch mit Puppen dargestellt Maria, Josef und das Eselchen, wie sie einen langen gewundenen Weg zur Krippe gehen. Nach der täglichen Geschichte dazu darf ein Kind die Figuren auf dem Weg ein Stückchen weiter fortschreiten lassen.

In diese Zeit fällt das Nikolausfest, dessen Tradition wir aufgreifen mit dem Bild des heiligen Nikolaus. In den Legenden wird deutlich, dass Nikolaus den notleidenden Menschen unverhofft und aus dem Verborgenen heraus mit seinen Gaben hilft. Über Nacht kommt er, bringt den „zugebundenen“ Sack oder legt Nährendes in die Schuhe der Kinder – Schuhe als Sinnbild für den physischen ganz individuellen Lebensweg –, um Leib und Seele mit Äpfeln und Nüssen zu stärken. Bei uns bringt er auch ein Säckchen mit Weizenkörnern, die uns als Saat für den grünen Osterweizen dienen.

Weihnachten

Der Höhepunkt dieser langen Erwartungszeit ist die Geburt des Christkindes. Gefeiert wird eigentlich die Befähigung eines jeden Menschen, in sich das Göttliche entwickeln zu können; dieses Werdende, noch ganz Kindliche steht im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes.
Die Festtage selber fallen immer in die längere Winterschließzeit und bleiben ganz den Familien überlassen und so verbleibt die kleine Abschlussfeier kurz vor den Weihnachtstagen noch mehr im Charakter der Vorbereitung. Das Backen von Weihnachtsplätzchen und das Ziehen von Bienenwachskerzen verbreiten erst den Geschmack und Geruch von Weihnachten. Im täglichen Reigen entsteht aber schon ein Krippenspiel, das am letzten Kindergartentag gerne aufgeführt wird.

Dreikönigsfest

Nachdem das Bild der Hirtenkrippe in den Weihnachtstagen vor der Seele gestanden hat, wird den Kindern im Kindergarten zum Dreikönigstag ergänzend ein weiteres geboten; sie finden eine sehr veränderte Krippe vor. Während die Hirten das physische Jesuskindlein wahrgenommen haben, deutet das veränderte Krippenbild aus dem Matthäusevangelium eine andere Art der Wahrnehmung an. Es waren drei Eingeweihte, die über jede räumliche Entfernung hinweg eine große Seele im Bild eines Sternes wahrnahmen konnten und dieser Offenbarung folgten. In vielen Gegenden und Religionen ist dieser Tag der wichtigste des Jahres. Die Epiphanie (Erscheinung) ist eine, die über Jesus hinaus, den Christus und seine Wiederkunft in der Zukunft schon vorwegnimmt.

Die Weisen aus dem Morgenland wurden seit dem 3. Jahrhundert als Könige bezeichnet und erhielten im 6. Jahrhundert erstmals ihre Namen. Einer der Könige war in der Regel von schwarzer Hautfarbe, weil die Heiligen Drei Könige als Repräsentanten der damals bekannten drei Kontinente Asien, Afrika und Europa angesehen wurden, wie auch als Vertreter der drei Lebensalter (Jugend, Lebensmitte, Greisenalter). Der erste ist der rote König (Melchior). Er bringt als Geschenk das rote Gold – Gold als Symbol für Weisheit und Erkenntniskräfte. Der blaue König (Balthasar) bringt als Opfergabe Weihrauch als Symbol des Gebetes. Kaspar, der grüne König bringt Myrrhe, die für ihre Heilwirkung bekannt ist. Sie steht als Symbol für die Verbindung der Menschenseele mit dem Göttlich-Geistigen.

Die Kinder schlüpfen gerne in die Rollen der drei Könige und der königlichen Maria. Sie spielen das Folgen des Sternes und stehen andächtig mit selbstgebastelter roter, grüner oder blauer Krone vor dem „mächtigsten König“.

Karneval / Winteraustreiben

Je nach Gegend wird Karneval unterschiedlich gefeiert und mit Bedeutung hinterlegt. Wir greifen als sinnvolle Tradition das Verkleiden aus dem rheinischen Karneval auf und von den heidnischen Bräuchen das Winteraustreiben. Es beginnt in dieser Jahreszeit ein Ringen der Sonnenkraft mit dem vergehenden Winter und so helfen wir beim Winteraustreiben mit lauten Schellen und Rasseln und Liedern, welche die Wintergeister aufschrecken.

…. nun treiben wir den Winter aus, den alten, kalten Krächzer, wir jagen ihn zum Land hinaus, den Grießgram, Brummbär, Ächzer, und laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein… „

Die Kirche hat die „Tollen Tage“ gerne moralisierend eingesetzt, und nutzte das zeitweise Ausleben von sinnlichen, „sündigen“ Gelüsten, als kontrolliertes Ventil, welches auf das strenge Fasten vor Ostern vorbereitete. Heute wird die Kostümierung gerne genutzt, um die Realität mal auf den Kopf zu stellen und in eine ganz andere Rolle zu schlüpfen.

Der Spaß am Verkleiden findet bei uns am Weiberdonnerstag auch seinen Platz. Das Verkleiden bleibt aber so zurückhaltend, dass die Kleinsten nicht verunsichert werden, weil sie sonst das Vertraute nicht wiedererkennen, sind sie doch erst gerade dabei ihre ureigene Persönlichkeit auszubilden.

Frühlingsfest

Beim Frühlingsfest laufen die Kinder mit ihren selbstgeschnitzten Frühlingsstecken durch den Garten und helfen mit den klingenden Glöckchen die noch versteckten Blümchen zu wecken, die sich so gerade erst nach der Wintersruhe aus der Erde hervorwagen. Die von den Eltern mitgebrachten Frühjahrsblüher helfen, dem Frühling einen Schubs zu geben und bringen wieder Farbe in den Garten.